Kyocera AVX Betzdorf und Steineroth

Offener Brief an die Geschäftsleitung

14.11.2024 | Auf unserer Mitgliederversammlung am 9. November 24, haben die IG Metall Mitglieder über die aktuelle Situation im Betrieb und über ihren, noch unkonkreten, Antrag auf Abweichung vom bestehenden Tarifvertrag beraten.

Allen Mitgliedern der IG Metall bei Kyocera AVX (die überwiegende Mehrheit der Belegschaft!) ist die aktuell schlechte Lage des Betriebes bewusst.

Durch die schlechten Auftrags- und Absatzzahlen werden auch auf der Seite der Beschäftigten Zukunftsängste und Bedenken geweckt. Viele Kolleg*lnnen berichten von akuten Schlafproblemen, Rastlosigkeit und weiteren stressbedingten Reaktionen. Auch die sehr hohe Anzahl an Kolleg*lnnen, die freiwillig bereit sind, das Unternehmen über das Freiwilligenprogramm zu verlassen, deuten wir als Indiz für ein fehlendes Vertrauen in die Zukunft von Kyocera in Betzdorf /Steineroth unter Ihrer Führung hin.

Auf der Betriebsversammlung am 29.10.24 wurde die Frage welche Wege die Geschäftsleitung sieht, um den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen, von Herrn Prause nicht beantwortet. Lediglich in seiner ablehnenden Haltung zu möglichen tariflichen Entgelterhöhungen und zu einer möglichen Kündigung der Tarifbindung durch die Geschäftsleitung wurde Herr Prause deutlich.

Um es an dieser Stelle klar zu formulieren: Die aktuell schlechte Situation bei der Kyocera AVX in Betzdorf /Steineroth, hat niemand aus der Belegschaft zu verantworten! Alle wichtigen und richtungsweisenden Entscheidungen der letzten Jahre, wurden allein von der regionalen Geschäftsleitung und den übergeordneten Entscheidungsträgern getroffen! Die tariflich Beschäftigten leisten Tag für Tag gute Arbeit und können sich nur wundern, welche Aktivitäten (oder unterlassene Aktivitäten) die Geschäftsleitung vornimmt.

Es bleibt also die Frage welche Maßnahmen die Geschäftsleitung entwickelt, um die Auftrags- und Absatzzahlen wieder zu steigern? Langjährige Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit zu entlassen und den verbleibenden Beschäftigten die Löhne zu kürzen oder den Tarifvertrag zu kündigen ist keine unternehmerische Leistung und auch keine Lösung für die Zukunft.

Wie hat ein Kollege in den sozialen Netzwerken so schön ausgeführt?
„Der Rotstift (Sparpolitik im Betrieb) ist die Strategie der Verlierer. Denn es gibt nicht nur die Kostenseite, sondern auch die Ertragsseite. Ideenlose Verlierer ohne kluge Strategie für erfolgreiche, innovative Produkte am Markt, konzentrieren sich darauf zu sagen, ,,Wir müssen sparen!". Das kann ich auch! Dann ziehe ich mir einen Nadelstreifenanzug an, sage, dass wir sparen müssen und verlange für diese „kluge" Idee 2 Millionen Euro Gehalt pro Jahr. Anstatt wichtige Impulse für eine bessere Zukunft zu kreieren und umzusetzen, beschränkt man sich auf das Zerstören vormals erfolgreicher Systeme. Solche Personen sollten sich lieber „Unterlasser" statt ,,Unternehmer" nennen!"

Wir fordern Sie daher dringend auf, Ihrer Verantwortung für unser Unternehmen dahingehend nachzukommen, dass Sie Wege und Möglichkeiten aufzeigen, die derzeit schlechte Situation zu verbessern ohne den Betrieb, die bestehenden Arbeitsplätze oder die tariflichen Entgelte noch weiter zu beschädigen!
Wir arbeiten jeden Tag daran, gute Produkte in möglichst schneller Zeit herzustellen, um konkurrenz- und zukunftsfähig zu bleiben. Trotz der von Ihnen vorangetriebenen Massenentlassung haben Sie selbst auf der Betriebsversammlung festgestellt, dass der Krankenstand auf einem niedrigen Stand ist.

Sie sehen: Der Großteil Ihrer Belegschaft ist - immer noch - hoch motiviert und steht zu der Firma Kyocera und den Standorten in Betzdorf und Steineroth. Nutzen Sie diese vorhandene Motivation, um sinnvolle und nachhaltige Veränderungen herbeizuführen und damit die Situation für uns alle wieder zu verbessern.

Daran arbeiten wir gerne mit! Hand in Hand mit der Geschäftsleitung!

Wir sind jederzeit bereit, gemeinsam mit Vertreter*lnnen der Geschäftsleitung im Rahmen eines „Besser statt Billiger-Projektes" zusammenzuarbeiten, wie es die IG Metall schon in diversen Firmen erfolgreich initiiert und abgeschlossen hat. Lassen Sie uns gemeinsam Ideen und Vorschläge generieren, die unseren Betrieb wieder zukunftsfest machen, die Kosten senken und die Arbeitsplätze und die tariflichen Entgelte absichern.

Bitte nutzen Sie unsere Motivation und Energie, anstatt uns mit Arbeitslosigkeit und schlechten Entgelten zu drohen!
Noch haben wir gemeinsam die Möglichkeit zu handeln!

Sollte es, trotz aller oben beschriebenen Bemühungen, unumgänglich sein, über Abweichungen von dem bestehenden Tarifvertrag zu sprechen, so sind die IG Metall Mitglieder in Ihrer Belegschaft dazu bereit. Voraussetzung dafür ist jedoch ein vorausgegangener UND ernst gemeinter und glaubhafter Versuch Ihrerseits die bestehenden Probleme gemeinsam, strukturiert und ohne das Aussprechen von Drohungen anzugehen.

Wir möchten Sie an dieser Stelle ausdrücklich davor warnen, die von Herrn Prause in der Betriebsversammlung vom 29.10.24 geäußerten Drohung, die Tarifbindung vollständig zu kündigen, entsprechende Taten folgen zu lassen.
Vor diesem Schritt können wir Sie nur warnen. Für die IG Metall Mitglieder, die vor ca. 10 Jahren eine lange und erfolgreiche Auseinandersetzung um die Einführung der Tarifbindung geführt haben, stellt es einen Affront und eine „Kriegserklärung" dar, wenn eine Geschäftsleitung den bestehenden Tarifvertrag komplett in Frage stellt.

Einen solchen Schritt werden wir mit allen uns rechtlich und politisch zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern suchen.

Wie gesagt, wir sind zu gemeinsamen Gesprächen bereit. Ziel dieser Gespräche sollten Maßnahmen und Regelungen sein, die unsere Standorte und Arbeitsplätze absichern und die Zukunftsaussichten für Kyocera verbessern. Sollten diese gemeinsam ersonnenen und durchgeführten Maßnahmen nicht ausreichen, sind wir auch bereit, über die zukünftige Ausgestaltung unseres Tarifvertrages mit Ihnen zu sprechen.

Wir hoffen sehr, dass Sie den hier aufgezeigten, gemeinsamen Weg mit uns beschreiten und uns nicht weiterhin mit einer Kündigung der Tarifbindung oder mit weiteren Entlassungen bedrohen.

Von: mh

Unsere Social Media Kanäle